Liposuktion
Das Lipödem ist eine Erkrankung, die bei den betroffenen Frauen extremen physischen und psychischen Stress verursacht. Um ihnen jahrelanges Leiden zu ersparen, sollten die verfügbaren Möglichkeiten genutzt werden, um das Lipödem richtig zu diagnostizieren und die Therapie einzuleiten. Gewichtsverlust kann die für Lipödeme typischen Beschwerden positiv beeinflussen. Es kann sie jedoch nicht beseitigen.
Aufgrund seiner Wirksamkeit und lang anhaltenden Ergebnisse ist die operative Entfernung von Fettgewebe zusammen mit der kombinierten physikalischen Entstauungstherapie (wichtig ist die Kompressionstherapie, ggf. auch die manuelle Lymphdrainage) ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von Lipödemen.
Während die konservative Methode der kombinierten physikalischen Entstauungstherapie (manuelle Lymphdrainage und Kompressionsmieder) in der Lage ist, die ggf. vorhandenen Schwellungen bzw. orthostatischen Ödeme zu reduzieren sowie die Druckschmerzhaftigkeit des Gewebes zu verbessern, dient die Liposuktion der Reduktion des Fettgewebes und der Wiederherstellung normaler Körperproportionen. Dadurch wird zusätzlich eine Verbesserung der lipödemtypischen Beschwerden erreicht- eine vollständige Heilung ist jedoch nicht möglich. Die Liposuktion kann jedoch die Lebensqualität eines Patienten enorm verbessern, so dass ein fast symptomfreies Leben geführt werden kann (Abb.1).
Abb. 1: 39-jährige Patientin: a. Ausgangssituation, b.nach Fettabsaugung von 9200ml in drei Sitzungen
Unsere Technik: Tumeszenz-Lokalanästhesie und vibrationsassistierte Liposuktion
Es existieren eine Reihe unterschiedlicher Techniken der Liposuktion, wie z.B. die laser-, die radiofrequenz- und die ultraschallassistierte Liposuktion.
Den größten Stellenwert in der medizinischen Liposuktion haben aber durch die Einführung der Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA) die Vibrationsliposuktion (PAL) unter Verwendung von vibrierenden stumpfen Absaugkanülen sowie die wasserstrahlassistierte Liposuktion (WAL). Durch diese Techniken ist die Liposuktion für den Patienten risikoärmer und für das Gewebe und die Lymphgefäße wesentlich schonender geworden. In der Hanse-Klinik wenden wir die Vibrationsliposuktion (PAL: „power assisted liposuction“) an.
Die Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA) ist eine Form der örtliche Betäubung, bei der das Unterhautfettgewebe mit großen Mengen einer verdünnten Betäubungslösung aufgefüllt wird. Diese wird bei beiden Techniken verwendet. Das lateinische Wort für Anschwellen „tumescere” bezieht sich auf das für die Methode typische pralle Erscheinungsbild der mit Lösung aufgefüllten Region.
Vor der Operation werden die zu behandelnden Areale markiert und fotografiert (Abb.2). Eine Vollnarkose ist für die Liposuktion nicht erforderlich.
Die Infiltrationsphase dauert etwa 45 Minuten, gefolgt von einer 30-minütigen Pause. Die Dauer des Absaugvorganges selbst beträgt je nach Größe des Befundes im Durchschnitt zwischen 90 und 150 Minuten.
Abb. 2: Präoperative gekennzeichnete Absaugareale
Abb. 3: Stumpfe Absaugkanülen
Der durch das Auffüllen mit TLA erreichte hohe Gewebedruckes bewirkt eine Lockerung des Fettgewebes. Durch diesen „Weichmachereffekt“ können dünne (3-4 mm) und vorne stumpfe Absaugsonden (Abb.3) mit kleinen, seitlich angebrachten Öffnungen eingesetzt werden. Bei der Vibrationsliposuktion gleitet die vibrierende Absaugsonde an den Bindegewebsstrukturen vorbei, ohne dass diese in die Kanüle eingesogen werden. Damit werden die Scherkräfte deutlich verringert und dass durch die Tumeszenz-Lokalanästhesie-Lösung „gelockerte“ Fettgewebe gelangt besser in die Kanülen. Dadurch wird ein weitgehend schonendes Vorgehen ermöglicht, bei dem das bindegewebige Stützgerüst des Unterhautfettgewebes erhalten bleibt.
Die Wundränder werden nicht genäht, sondern mit einem flüssigkeitsdurchlässigen Pflaster versorgt. Die größte Menge der im Gewebe verbliebenen Tumeszenzlokalanästhesie fließt durch die Hautschnitte in den ersten Stunden direkt nach der OP ab und wird durch die Verbände unter dem Kompressionsmieder aufgefangen. Die restliche Flüssigkeitsmenge fließt innerhalb der nächsten 2-5 Tage ab. Das Kompressionsmieder muss für mindestens weitere 8 Wochen nach der OP getragen werden. Des Weiteren unterstützt die postoperative manuelle Lymphdrainage das Abfließen und reduziert die Schwellungsneigung.
Der Hauptgrund diese Methode für die Liposuktion beim Lipödem zu verwenden besteht darin, dass sie besonders schonend für die Lymphgefäße ist und somit der Lymphabfluss nach der OP weiterhin gewährleistet wird. Außerdem wird der Organismus nicht zusätzlich durch eine Vollnarkose belastet. Der Patient kann direkt nach der OP wieder aufstehen, so dass das Ergebnis im Stehen beurteilt werden kann. Im Stehen wird nicht nur durch den tiefgelegensten Einschnitt bereits Tumeszenzlösung beginnen abzufließen, sondern der Operateur kann die neue Körpersilhouette beurteilen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen. Bereits am nächsten Morgen kann man einen deutlichen Unterschied zum Ausgangsbefund feststellen (Abb.4).
Abb. 4: 29-jährige Patientin am nächsten Morgen nach der Liposuktion der Oberschenkel außen, der Oberschenkel innen und der Knie innen
Aufgrund der nur sehr kleinen Einschnitte kommt es intraoperativ nur zu geringen Blutungen und wenig postoperativen Hämatomen. Durch den Wash-Out Effekt der TLA Lösung können kaum Bakterien eindringen und die Infektionsgefahr ist sehr gering. Auch ist durch die antithrombotische Wirkung der TLA und die sofortige postoperative Mobilisation das Thromboserisiko bei dieser Methode sehr reduziert. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei dieser Methode die allgemeine Komplikationsrate sehr gering ist.